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Messer schärfen

 

Schärfe und Schärfeprüfung

Seit jeher ranken sich Legenden, Mythen und Halbwahrheiten um das Schleifen von Messern – und sie werden von Generation zu Generation weitergegeben. Und doch ist das Messerschärfen kein Hexenwerk, sondern eigentlich ein ganz einfacher Vorgang.

Das folgende Kapitel befasst sich mit den wichtigsten Schleifmethoden und Schleifwerkzeugen. Der ausführlichen Darstellung des Schleifens von Messern und anderen Werkzeugen habe ich ein eigenes Buch mit dem Titel „Messer schärfen wie die Profis“ gewidmet, erschienen im Kosmos Verlag, Stuttgart. Eine ähnlich detaillierte Darstellung in diesem Buch würde dessen Rahmen sprengen.

Grundbegriffe

Schleifen:
Bearbeiten von Metall mit scharfen Schleifmitteln (Sandpapier, Schleifscheibe, Schleifstein). Hierbei schabt das Schleifkorn Metall ab, das Metall bzw. die Klinge wird also kleiner.

Läppen (Polieren): Bearbeiten von Metall mit stumpfen, d. h. runden Körnern. Grate werden entfernt und die Oberfläche geglättet.
Abziehen: Bearbeiten der Messerschneide mit einer feineren Körnung. Beim Abziehen auf einem Abziehstein wird die Schneide geglättet, Werkzeugspuren der
gröberen Steine werden entfernt.
Wetzen: Aufrichten der gebogenen, umgelegten Messerschneide mit dem Wetzstahl.

Scharf ist ein Messer, dessen Klinge im Querschnitt spitz zuläuft. Ist die Schneide eines Messers abgerundet – also der Teil der Klinge, der das Schnittgut zerteilt –, ist das Messer stumpf. Je breiter die Rundung der Schneide, desto stumpfer das Messer. Beim Blick auf die Schneide eines solchen Messers sieht man einen hellen
Streifen, weil die abgerundete Fläche das Licht reflektiert.

Tipp

Schärfe ist ein relativer Begriff und hängt sehr stark vom Einsatzzweck des Werkzeugs ab: Was für ein Rasiermesser als stumpf gilt, kann für eine Axt noch sehr scharf bedeuten.

Aber nicht nur das. Eine Messerklinge kann in unterschiedlichen Winkeln auslaufen (s. S. 26). Je größer der letzte, der Schneidenwinkel, desto schlechter kann das Messer in das Schnittgut dringen.

♦ Schärfeprüfung

Die Schärfe einer Klinge kann man auf verschiedene Weisen prüfen. Je nach Verwendungszweck des Messers kann man versuchen, die Haare auf dem Unterarm zu rasieren – immer mit dem Strich und sehr flach gehaltener Klinge. Eine sehr scharfe Klinge schneidet die Haare nicht direkt auf der Haut ab, sondern greift und durchtrennt das etwas aufgerichtete Haar knapp darüber.

 

Mit einer wirklich scharfen Schneide kann man sich den Unterarm „rasieren“.


Eher auf Schau angelegt ist das Abschlagen einer frei hochgehaltenen Ecke einer Zeitung oder das Durchtrennen eines frei hängenden Hanfseiles mit einem Schlag.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Klinge auf die Nackenhaare aufzusetzen. Ist sie scharf, fasst sie durch das Eigengewicht in die Haare, sodass sie hängen bleibt. Man spürt das Ziehen an den Haaren sehr gut.

Ebenfalls durch das Eigengewicht bleibt die Klinge auf dem Daumennagel stehen, wenn sie scharf genug ist.

 

 

 

 

Werksschliff

Fabrikneue Messer sind fast immer nur mit einer groben Schleifscheibe geschärft. Die nur sehr kurze Schneide hat auch nur einen dementsprechend stumpfen Schneidenwinkel. Da die meisten Kunden keine wirklich scharfen Messer gewohnt sind, kann man
ihnen so eine scharf wirkende (aber nur raue), stabile Klinge und längere Stehzeit vortäuschen.

♦ Scharten feststellen

Eine Klinge kann an der Schneide Scharten aufweisen. Bei Scharten handelt es sich um Ausbrüche und Beschädigungen, die nicht durch natürliche Abnutzung,  sondern durch unsachgemäße Anwendung der Klinge verursacht wurden.

Die Nagelprobe

Bei sehr dünn ausgeschliffenen Klingen, wie beispielsweise Rasiermessern, wird der Teil der Schneide, auf den der Nagel gerade Druck ausübt, leicht hochgebogen. Diese hochgebogene Stelle sieht man im hellen Licht sehr gut. Wichtiger bei der Nagelprobe ist aber, dass man mit Hilfe der feinen Nerven in der Daumenkuppe jede noch so kleine Unebenheit und Scharte in der Schneide spürt.

 

 

Zieht man die Mes- serschneide vorsichtig über den Daumennagel, spürt man Scharten sofort.

 

Die Schartigkeit der Klinge testet man ebenfalls mit dem Daumennagel und der Nagelprobe. Dabei wird die Schneide langsam, flach und mit wenig Druck über den Daumennagel gezogen, beginnend am Heft und an der Spitze endend. Dabei spürt man jede Unebenheit.

Schleifen

Geschärft wird eine stumpfe Klinge, indem beide Seiten geschliffen werden, bis der gewünschte Schneidenwinkel wiederhergestellt ist. Dabei wird Material entfernt, auch wenn die meisten Messerbesitzer das nicht wahrhaben möchten und die Werbung dies verschweigt: Eine andere Möglichkeit gibt es nicht!

♦ Der Schneidenwinkel

Grundsätzlich gilt, dass ein Messer umso schärfer ist und bessere Schneideigenschaften besitzt, je spitzer der Schneidenwinkel ist. Gute Schneideigenschaften und ein spitzer Schneidenwinkel bedeuten allerdings auch eine empfindliche und vergleichsweise instabile Klinge.

Je gröber die Arbeiten sind, die man mit einem Messer verrichten will, desto größer ist idealerweise der Schneidenwinkel. Der geringste Winkel, den man bei einem universellen Gebrauchsmesser schleifen sollte – und auch der gebräuchlichste –, ist ein Winkel von 30 °. Soll die Schneide diesen Winkel haben, muss die Mittellinie
der Klinge 15 ° zur Oberfläche des Schleifmittels einnehmen.

Sklavisch braucht man sich aber nicht an die Winkelvorgaben zu halten. Auf ein Grad mehr oder weniger kommt es nicht an – es geht um das Ergebnis.

♦ Winkel einhalten

Der einmal gewählte Winkel muss beim Schleifen auf dem Stein allerdings immer wieder genau reproduziert werden, damit der Stein immer an der gleichen Stelle Material abnehmen kann. Beim Schleifen auf dem Bandschleifer wird die Klinge nur einmal aufgelegt, daher ist das Schleifen damit einfacher. Sie wird in einem
Zuge geschliffen.
Verschiedene andere handelsübliche Schleifgeräte ermöglichen, den einmal gewählten Winkel einzuhalten.

Tipp

Wird beim Schleifen der einmal gewählte Winkel nicht konstant eingehalten, bestimmt der ungünstigste Winkel die Schneide. Wird also über 90% der Schleifzeit der 15 °-Winkel eingehalten, dann aber kurzzeitig mit 30° oder 35° geschliffen, hat die Schneide letztlich einen Winkel von 60° oder 70° und schneidet entsprechend
schlechter.

 

Mit einem Schleifwinkel von 30 ° macht man bei Universalmessern nichts falsch. Dazu müssen beide Schneidenseiten mit jeweils 15° geschliffen werden.

 

Tipp

Um bei einem modernen Jagdmesser mit einer Klingenrückenbreite von 4 mm bis 5 mm eine Schneide von 30 ° anzuschleifen, kann die Schneide schon mal 2 mm bis 3 mm breit werden. Das empfinden viele als unschön, aber was ist wichtiger: Ein Messer, das hübsch aussieht, oder eines, das schneidet?

Dazu zählen die Lansky-Modelle und baugleiche. Ein Bandschleifer ermöglicht auch dem Ungeübten, den richtigen Schleifwinkel einzuhalten. Das Messer wird nur einmal mit jeder Seite auf das Schleifband gelegt und nur festgehalten. So ist es leicht, den Winkel beizubehalten.

♦ Auf dem Bandschleifer

Am Ende der Schleifarbeiten soll auf beiden Seiten der Klinge die Schneide mit einer Breite von 1 mm und mehr – je nach Klingenwinkel – laufen.

Je kleiner (spitzer) der Klingenwinkel ist, desto größer fällt die Schneidenbreite aus. Um dieses Ziel zu erreichen, werden beide Seiten der Klinge im richtigen Schleifwinkel auf das Schleifband gedrückt, das auf langsamster Stufe läuft (damit sich die Klinge nicht erhitzt).

Je dünner die Klinge ist, desto feiner muss das Schleifband sein. Für ein Jagdmesser ist 180 bis 240 die richtige Körnung, für eine Axt ist 60 ausreichend. Ob die Klinge vom Heft in Richtung Spitze auf dem Schleifband bewegt wird oder umgekehrt und ob die Schneide mit oder gegen die Bandlaufrichtung zeigt, ist unerheblich.

 

 

Tipp

Vorsicht beim Aufsetzen der Messerklinge auf das Schleifband! Geschieht dies unachtsam, kann die Messerschneide an der Kante in das Schleifband einschneiden!

Erscheint der Grat, ist alles überflüssige Material entfernt und der Schleifvorgang für diese Schneidenseite abgeschlossen. Wird nun noch weitergeschliffen, wird mehr Material als notwendig entfernt. Die Messerklinge wird dadurch auch keinesfalls schärfer.

 

So fühlt man den Grat an der Klinge.

 

♦ Schleifen, bis der Grat erscheint

Bei guter Beleuchtung sieht man auf der ersten Schneidenseite bald als hellen Streifen den sogenannten Grat, der aufgeworfen wurde. Die Klinge muss nun so über den Bandschleifer gezogen werden, bis dieser helle Streifen auf ganzer Schneidenlänge zu sehen ist. Wer den Grat nicht sieht, der kann ihn mit dem Finger fühlen, wenn er mit der Fingerkuppe vom Klingenrücken her über die Schneide hinwegstreicht. Jeden Grat fühlt man als Rauigkeit und Widerstand.
Beide Seiten der Klinge werden so bis zum Erscheinen des Grates geschliffen.

Tipp

Beim Schleifen mit dem Bandschleifer muss man sich immer vor Augen halten, dass dieses Gerät das Material äußerst schnell abträgt. Passt man einen Moment nicht richtig auf, hat man zu viel abgetragen. Wer Angst hat, auf dem Bandschleifer die schön polierten Flächen seines Messers zu zerkratzen, beklebt diese vorher mit Gewebeband oder Tesakrepp.

♦ Auf dem Schleifstein

Den Schleifwinkel beim Schleifen frei Hand auf dem Schleifstein konstant zu halten, gelingt erst nach langer Übung und mit begnadeten Händen. Die Ergebnisse sind in der Regel auch nicht so gut wie bei Benutzung z. B. eines Bandschleifers. Eine Pappschablone, die mit Hilfe eines Geodreiecks aufgezeichnet und anschließend ausgeschnitten wird, erleichtert das Einhalten des 15 °-Schleifwinkels.

Schleiföl ist Unfug!

Der Schleifstein wird vor dem Schleifen nur mit Petroleum und einem Lappen abgerieben, um die verstopften Poren zu öffnen und den Dreck und alten Schleifstaub zu entfernen. Die Schleiföle und sonstigen Tinkturen sind nicht nur unnütz, sie schaden dem Schleifergebnis sogar.

Wie will man eine feine, beulen- und  schartenfreie Schneide herstellen, wenn man diese empfindliche Schneide durch eine mit Schleif- und Metallpartikeln angereicherte viskose Flüssigkeit zieht? Der Stein muss immer trocken sein, das Schleifpulver wird nur ab und zu weggeblasen. Nicht von ungefähr schärfen auch die Schlachter ihre Messer an einem trockenen Bandschleifer!

Beim professionellen Fräsen, Schleifen oder Drehen von Stahl kommt teilweise zwar Öl zur Kühlung zum Einsatz – das aber nur, wenn es auch abfließen kann und dabei den Schleifstaub mit sich nimmt!

Auch beim Schleifen auf dem Stein wird eine Seite geschliffen, bis sich der Grat auf der ganzen Länge der Schneide zeigt, und dann die andere Seite ebenso. Der ständige Seitenwechsel – nach sieben Strichen in eine Richtung oder was für andere magische Zahlen angegeben werden – ist Unfug! Man schleift dabei den Grat und somit die Information über den Bearbeitungszustand der Schneide weg.

Beim Schleifen auf dem Stein wird nicht „vorsichtig gescheuert“, sondern kraftvoll geschmirgelt, denn es muss ja Material abgetragen werden.

 

Auch der Schleifstein muss Material abtra- gen: Also wird kraft- voll geschmirgelt.

 

Polieren und Wetzen

Weist die Messerschneide am Ende den richtigen Winkel auf, muss an ihrer wichtigsten Stelle noch ein Grat entfernt werden. Dies geschieht nicht durch Schleifen, sondern durch das Läppen (Polieren) mit einem stumpfen Korn. Dabei wird gleichzeitig die Schneide von den Schleifscharten befreit und geglättet.

♦ Mit Schwabbelscheibe und Polierwachs

Poliert wird mit der Schwabbelscheibe und Polierwachs. Man setzt die Scheibe in Gang und hält nach Erreichen ihrer Höchstgeschwindigkeit kurz das Polierwachs daran.

Die Messerschneide wird nun vorsichtig an die Schwabbelscheibe in deren Laufrichtung gehalten, sodass sie also nicht in die Scheibe einschneiden kann.

 

Mit der Schwabbel- oder Polierscheibe wird der Grat erst auf der einen Schneidenseite und dann auf der anderen entfernt.

 

Ist der Kontakt zwischen Schneide und Scheibe hergestellt, wird der Andruck langsam erhöht. Dabei wird die Klinge am Heft beginnend bis zur Spitze über die Scheibe gezogen. Zum Polieren der anderen Klingenseite wird das Messer so gedreht, dass die Schwabbelscheibe die Klinge nicht fassen kann. Die Schneide zeigt also wieder in Laufrichtung der Scheibe. Wieder poliert man vom Heft bis zur Spitze.

 

 

Vorsicht mit der Schwabbelscheibe!

Die Schwabbelscheibe ist sehr gefährlich! Sie kann Gegenstände plötzlich fassen, dem Benutzer aus der Hand reißen und mit hoher Geschwindigkeit durch den Raum schleudern. Bei Messern hat das seine ganz eigenen Reize ...

Eine Schutzbrille ist beim Arbeiten mit der Schwabbelscheibe ein absolutes Muss. Flatternde Kleidungsstücke und lange Haare dürfen nicht mit der Scheibe in Berührung kommen können. Da ich den Leser bei dieser Arbeit nicht „überwachen“ kann, weise ich ausdrücklich darauf hin, dass die Benutzung dieses Werkzeuges auf eigene Gefahr geschieht!

♦ Drum prüfe, wer poliert ....

Danach streicht man mit der Fingerkuppe vom Rücken her über die Messerschneide, um festzustellen, wo sich noch ein Grat befindet. Er wird nach erneutem Polierwachsauftrag auf die Schwabbelscheibe abpoliert.

Beim Polieren darf nur so weit poliert werden, bis der Grat verschwunden ist. Alles, was darüber hinausgeht, ist schlecht: Es macht das Messer wieder stumpf, weil es die Schneide abrundet.

Nach Abschluss des Poliervorganges können die Polierwachsreste mit Aceton oder Reinigungsbenzin und einem Lappen einfach von der Klinge entfernt werden.

Abziehen – aber richtig!

Einige Experten empfehlen nach dem Schleifen mit dem groben Stein ein „Abziehen“ der Messerschneide auf einem feinen Stein. Das ist an sich in Ordnung, wenn man den gleichen Winkel einhält und nur die Werkzeugspuren des groben Steins entfernt.

Doch wird oft empfohlen, beim Abziehen einen stumpferen Winkel als beim Schleifen mit dem groben Stein zu wählen. Folgt man dieser Anweisung, dann wird die Schneide stabiler, also stumpfer.

Jetzt hat das Messer, was es haben soll: eine scharfe Schneide.

Tipp

Übung macht den Meister! Und an teuren Jagdmessern muss man ja nicht üben. Der Haushalt braucht auch immer scharfe Küchenmesser. Geht bei ihnen einmal etwas schief, ist das weniger schlimm.

♦ Mit dem Wetzstahl

Eine scharfe Schneide braucht Pflege. Sie ist sehr dünn, daher sehr biegsam und empfindlich. Bei Belastung biegt sie sich leicht aus der Richtung, sie „legt sich um“. Geschieht dies mehrfach, brechen mikroskopisch kleine Stücke heraus, die Schneide wird breiter, schartig und stumpf. Dann muss sie neu geschliffen werden. Um das Biegen zu verhindern, darf eine Klinge nicht verkantet oder als Hebel benutzt, sondern nur zum Schneiden verwendet werden. Doch auch dabei legt sich
die Schneide um, besonders wenn man z. B. auf Knochen trifft.

Damit dies nicht so rasch geschieht, richtet man mit dem polierten Stahl eine umgelegte Schneide wieder auf, bevor Stücke ausbrechen. Das Messer wird mit wenig Druck gegen die Schneide, beim Heft beginnend, bis zur Spitze über den Stahl gezogen. Es ist wichtig, dabei den Schleifwinkel einigermaßen einzuhalten und einige wenige Male, immer abwechselnd, mit jeder Seite den Wetzstahl entlangzustreichen. Hektisches Wetzen fügt der Schneide durch das kraftvolle Auftreffen auf den Stahl nur Dellen zu und beschädigt sie. Der Wetzstahl trägt anders als der Schleifstein kein Material ab, sondern biegt die Schneide nur zurück. Er darf daher nicht rau oder schartig, sondern muss glatt sein.

 

Wetzen mit dem Stahl: Im Wechsel werden beide Seiten vom Messerheft zur Spitze bearbeitet. Gestrichen wird das Messer aus Sicherheitsgründen immer weg vom Körper.

 

Tipp

Es ist ein Irrglaube, ein stumpfes Messer mit einem Wetzstahl wieder schärfen zu können! Es gelingt allenfalls, das Stumpfwerden ein wenig hinauszuzögern. Die Schwabbelscheibe vermag ein beginnendes Stumpfwerden zu korrigieren. Eine wirklich stumpfe und schartige Schneide muss aber neu geschliffen werden!

Damit es etwas bringt, muss man den Wetzstahl rechtzeitig benutzen, nach wenigen Schnitten also und nicht erst, wenn das Messer nicht mehr richtig schneidet. Als Beispiel für das richtige Wetzen kennt jeder den Schlachter, der nach wenigen Schnitten sein Messer wetzt und dann wieder wenige Schnitte macht.

Aus Sicherheitsgründen wird das Messer vom Griff des Wetzstahls in Richtung Spitze gestrichen. Die Bewegung vom Körper weg ist immer sicherer als andersherum.
Man kann den Wetzstahl auch mit der Spitze auf den Tisch stellen, mit der linken Hand am Griff halten und das Messer von oben nach unten auf den Tisch zu streichen. Die Klinge wird dabei wechselseitig am Heft angesetzt und nach unten zur Spitze gezogen.

 

 

Sinn und Unsinn von Sägezahnungen

Der Sinn der sogenannten Anreißschneide wurde mir erst nach Jahren bewusst, als ich ein Messer gekauft hatte und die Beschreibung dazu las. Die Firma erklärte darin, dass die Anreißschneide das Schneiden von Tomaten vereinfachen solle ...

In meiner Jagd- und Outdoorpraxis hatte ich noch nie Schwierigkeiten, Tomaten zu schneiden, und ich würde auch nie auf den Gedanken kommen, dafür zwei oder drei Zentimeter der Schneide zu opfern. An einem wie beschrieben geschliffenen Messer ist eine Anreißschneide ohnehin überflüssig.

Die Sägezahnungen bei den aus Film und Fernsehen bekannten Survival- oder Überlebensmessern dienen nicht, wie vielleicht zu vermuten, dem Zersägen von Holz: Da ihre Zahnung nicht geschränkt ist, klemmen die Messer bzw. deren Rückensägen in Holz nach wenigen Zentimetern. Die Messer sehen damit nur martialisch aus ...

♦ Wellenschliff/Sägezahnung schärfen

Wellenschliff an Messern gibt es in verschiedenen Stärken: Die feinste Zahnung wird als Anreißschneide bezeichnet.

 

Messer mit Wellen- schliff werden nur auf der flachen Seite geschliffen.

 

 

Schleifsteine sind die traditionellen Schleifwerkzeuge. Sie gibt es in unter- schiedlichen Ausfüh- rungen.

 

Wer die meines Erachtens wirklich überflüssige Anreißschneide nicht heraus-, sondern nachschleifen will, dem rate ich: Wie auch der Wellenschliff bei Tafelmessern wird die Zahnung nur von der abgewandten Seite ganz leicht und sehr flach angeschliffen, dann ist sie wieder scharf wie zuvor.

Das Schleifwerkzeug

Eines vorweg: Man kann beim Schleifen viel „Budenzauber“ veranstalten – es gibt zahllose verschiedene Steine, die geheimnisvollsten Schleiföle und vieles mehr. Womit auch immer geschliffen wird: Bei einem Schnitt auf einen Knochen wird jedes Ergebnis gleichermaßen schnell zerstört ...

♦ Schleifstein

An erster Stelle bei den Schleifwerkzeugen stehen traditionell die Schleifsteine. Sie sind meist zurechtgeschnittene Natursteine.

Ein Schleifstein muss möglichst groß und grobkörnig sein. Winzige Taschensteine sind unsinnig, denn die Messerklinge muss in einer Bewegung vom Heft bis zur Spitze über den Stein geführt werden können.

Ideal ist ein Karborundstein (künstlicher Stein gepresst aus Klebstoff und Steinmehl): Er wird auf ein Brett geklebt und mit Schraubzwingen am Tisch befestigt. Noch preiswerter ist, feines Schmirgelpapier mit doppelseitigem Klebeband auf ein Brett zu kleben und dieses dann mit Schraubzwingen am Tisch zu befestigen.

Auf Bauernhöfen gibt es mitunter noch die alten großen Schleifscheiben im Wasserbad. Sie werden heute noch von diversen forstlichen Versandhäusern angeboten. Wegen ihrer Größe eignen sie sich besser für großes Werkzeug wie Äxte und Hacken.

Tipp

Bei Verwendung von Schleifscheiben im Wasserbad sollte man nur zum tatsächlichen Schleifen Wasser in den Behälter füllen. Wochenlang gewässert, wird der Stein ansonsten stellenweise weicher, sodass er sich ungleichmäßig abnutzt, und im Winter bricht der Behälter bei Frost auseinander.

Beim Wasserstein – einem runden Stein, der in einem Wasserbad läuft – wird der Schleifstaub abgewaschen und landet unten in dem Wassertrog. Auf die Schneide kommt immer nur eine frische, saubere Steinoberfläche – sie wird also nicht durch eine partikelhaltige Flüssigkeit gezogen.

♦ Bandschleifer

Besser als mit den vorgenannten Lösungen geht es heute aber mit Maschinenkraft: Schleifsteine und Schleifscheiben lassen sich heute durch einen Bandschleifer in einfacher Ausführung ersetzen, der auch für andere Arbeiten in Haus und Hof zu gebrauchen ist. Mit Schleifbändern der Körnungen 120, 180 und 240 bestückt,
wird er immer mit der geringsten Bandgeschwindigkeit betrieben.

♦ Das Schleifkorn

Die Körnungsangaben bei den Schleifbändern geben an, wie groß die Körner des Schleifmittels sind. Schleifmittel werden aus praktischen Gründen mit Sieben getrennt.

Korngröße „80“ bedeutet, dass das Korn durch ein „80er“ Sieb (und vorher durch alle gröberen) fällt, nicht jedoch durch ein „120er“ Sieb. Ein „80er“ Sieb – aus Metalldraht gewoben – weist auf einer Fläche von einem Quadratzoll (ca. 6,5 cm 2) 80 x 80 = 6400 Maschenlöcher mit einer lichten Weite von 0,007 Zoll (ca. 77
Mikrometer) auf, was einem „freien“ Durchlassanteil von ca. 32 % der Flächen entspricht. Deren Rest nehmen die Drähte ein.

Die lichte Maschenweite eines 320er Siebes – des feinsten industriell für Schleifmittel verwendeten Siebes – beträgt 44 Mikrometer.

Bandschleifer schaden nicht!

Falsch ist der Mythos, dass Bandschleifer die Stahlstruktur einer Messerklinge ändern, weil sie die Schneide kurzfristig bis auf 800 °C erhitzen und dabei die Kohlenstoffanteile verbrennen. Träfe dies zu, wären die geschmiedeten Klingen schon nach dem Schmieden kohlenstofffrei und überhaupt nicht zu härten, da sie rotglühend deutlich heißer als 800 °C sind.

Für die Unschädlichkeit des Bandschleifereinsatzes spricht auch, dass bei der richtigen, also langsamsten Bandgeschwindigkeit keine Funken sprühen. Bei schnell laufenden Schleifsteinen ist dies aber oft der Fall. Solche Funken sind winzige Metallteile, die aus dem Stahlverbund gerissen werden, sich dabei aufheizen und mit dem Luftsauerstoff verglühen.

 

Bandschleifer sind ideal: Auf niedrigster Geschwindigkeit betrieben, schaden sie dem Messerstahl nicht.

 

Kornmaterial

Das Korn-Material und dessen Härte spielen durchaus eine Rolle: Carborundum ist extrem hart und „zäh“, es kratzt für seine Korngröße besonders tief, schleift also sehr schnell und eignet sich für „allerhärteste“ Materialien bis auf Diamant.
Schmirgel (d. h. verunreinigter Korund) ist deutlich weicher, kratzt weniger tief, schleift langsamer und eignet sich nicht mehr für Hartmetalle. Der noch weichere
Granat schleift relative „mild“, was für die spätere Politur durchaus einen Vorteil bedeuten kann.

Lose Körner schleifen übrigens wesentlich gröber als eingebettete oder aufgeklebte, die ja eigentlich nur etwas schaben bzw. kratzen.

♦ Maschinelle Messerschärfer

Im Handel werden verschiedene maschinelle Schleifgeräte angeboten. Ein Teil dieser Konstruktionen besitzt je Seite eine Schleifscheibe aus Kunststein, die überdies in einem Wasserbad laufen. Sie erlauben, das Messer immer mit der Laufrichtung zu schleifen. Solche Geräte sind im Baumarkt zu haben und eigentlich für Meißel
und Schraubendreher gedacht. Und dabei sollte es bleiben. Für Messer sind die groben Schleifscheiben nicht geeignet.

 

Sogenannte Doppelschleifer sind oft untermotorisiert und lassen die Funken sprühen.

 

Des Weiteren werden im Baumarkt „Doppelschleifer“ mit schnell laufenden Scheiben aus grobem Kunststein angeboten. Typisch ist, dass sie beim Schleifen von Bohrern etc. lange Funkenregen produzieren. Meist sind sie so untermotorisiert, dass man sie mit einem größeren Werkstück und etwas Druck anhalten kann.

♦ Schwabbelscheibe

Auch der Streichriemen lässt sich heute durch die Molton-Schwabbelscheibe mit Polierwachs der feinsten Körnung in einer Ständerbohrmaschine ersetzen. Die Körnungen von Schwabbelscheiben sind je nach Hersteller farblich unterschieden. Scheibe und Wachs kosten nach Ausführung und Scheibendurchmesser zwischen
30 und 40 Euro.

Tipp

Nach der Bearbeitung von Buntmetallen darf mit der Schwabbelscheibe kein Holz, Horn oder Elfenbein poliert werden! Diese Materialien verfärben sich sonst unweigerlich schwarz. Auch für die Bearbeitung der Messingbeschläge an Messern ist die Schwabbelscheibe ungeeignet: Deren Kanten werden gerundet und die Flächen wellig und uneben. Für Messingbeschläge eignet sich am besten Polierpaste für die Autopflege. Sie wird mit einem Lappen aufgerieben und dann von Hand abpoliert.

 

Schwabbel- bzw. Polierscheiben für die Bohrmaschine in unterschiedlicher Ausführung: flächig gesteppt (li.) und nur nur am Dorn miteinander verbunden.

 

Die Schwabbelscheibe wird in eine Bohrmaschine eingespannt. Bei einer Ständerbohrmaschine ist ihr Maximaldurchmesser durch den Abstand zwischen deren Bohrfutter und Säule vorgegeben. Auch eine Handbohrmaschine ist geeignet, wenn sie sicher befestigt werden kann. Die Drehzahl sollte möglichst hoch liegen, bei 20 cm Schwabbelscheiben-Durchmesser bei etwa 2 500 U/min.

♦ Kombinationsgeräte

Handelsübliche Kombinationen aus Bandschleifer und Schwabbelscheibe sind für den gewerblichen Betrieb ausgelegt und werden meist von den Schlachter-Einkaufsgenossenschaften angeboten. Sie sind leistungsfähig, dauerhaft – und recht teuer. Für eine gelegentliche Nutzung reichen einfache Bandschleifer aus. Auch handgehaltene Geräte kann man mit Schraubzwingen kopfüber so an einem Tisch befestigen, dass man problemlos damit schleifen kann.

♦ Wetzstahl

Wetzstähle gibt es im Allgemeinen in drei verschiedenen Rauigkeitsstufen: dem Standardzug, dem Feinzug und dem polierten Stahl. Mit den ersten beiden versucht man, die rauen Seiten der frisch geschliffenen Schneide etwas zu glätten.

 

Wetzstähle in verschiedenen Ausführungen

 

Eine Schleifausrüstung kostet Geld, sicherlich. Vor allem, wenn ein Bandschleifer extra angeschafft wird. Aber – andere Schärfgeräte gibt es auch nicht kostenlos.
Die hier vorgestellten Geräte funktionieren im Gegensatz zu vielen anderen auf dem Markt angebotenen. Sie sind außerdem leicht und schnell zu bedienen und insofern „preiswert“, als nicht erst viele untaugliche Geräte gekauft werden. Wer davon schon eine ganze Schublade hat, wird froh sein, endlich bei der richtigen Ausrüstung gelandet zu sein.

♦ Handschleifgeräte

Nachfolgend werden in aller Kürze weitere Handschleifgeräte bzw. -mittel vorgestellt. Wer hier detailliertere Informationen benötigt, sei noch einmal auf mein Buch „Messer schärfen wie die Profis“ verwiesen, das im Kosmos Verlag, Stuttgart, erschienen ist.

 

 

 

 

Lansky-Set: Das Lansky-Set und baugleiche bzw. vergleichbare Typen sorgen durch verschiedene Abstandshalter dafür, dass die zu den Sets gehörigen Schleifkörper immer im gleichen Winkel an der Schneide vorbeigeführt werden. Das Messer wird zuvor mit dem Klingenrücken in eine Halterung gespannt. Manche Sets werden mit unnötig vielen Schleifkörpern verschiedener Körnungen angeboten. Eine richtig grobe und eine feine Körnung reichen völlig aus. Öl ist überflüssig, wie bereits dargelegt. Mit diesen Geräten kann man durchaus gute Schleifergebnisse erzielen und ist unabhängig von Strom, braucht aber auch wesentlich länger als mit Bandschleifer und Schwabbelscheibe.

Crock-Sticks: Hierbei handelt es sich um Stäbe aus Keramik, die V-förmig in einer Halterung stecken. Das Messer wird senkrecht – Schneide nach unten – und wechselseitig an den Stäben entlanggestrichen. Auch hierbei soll immer der richtigen Winkel gesichert sein. Obwohl die Keramikstäbe wesentlich härter als der
Stahl sind, tragen sie nicht genug Material ab, um eine Schneide dauerhaft wieder herzurichten – das zeigt schon der Vergleich der auf einem Schleifstein zurückbleibenden Materialmenge mit derjenigen, die unter den Crock-Sticks liegt. Nach anfänglichen Erfolgen lässt bei späteren Schleifvorgängen an der zum Rücken hin ja stetig stärker werdenden Klinge das Ergebnis zu wünschen übrig.

Diamant-Schleifmittel: Mit dem Aufkommen relativ günstig zu verarbeitender Industriediamanten tauchen zunehmend auch Diamantfeilen zum Messerschärfen auf. Diese Geräte sind durchaus brauchbar und aufgrund ihrer Härte in der Lage, schnell viel Material abzutragen.

Wichtig bei der Benutzung ist, diese Diamantfeilen immer nur mit wenig Druck zu führen. Ansonsten fressen msich die Diamanten in das Metall und werden aus der Trägerschicht der Feile gerissen, sodass diese unbrauchbar wird. Streicht man dann mit dem Finger über die Feile und fühlt eine gewisse Rauigkeit, dann stammt die von den Löchern, in denen einmal die Diamanten saßen.

♦ Streichriemen

Streichriemen sind aus Leder und dienen dem Abziehen von Rasiermessern. Das Messer wird mit dem Rücken nach vorne über den zuvor mit Polierpaste eingeriebenen Streichriemen gezogen.

♦ Vorsicht bei sonstigen Hilfsmitteln

Aus den vorangegangenen Ausführungen kann der Leser leicht schließen, dass zahlreiche weitere Hilfsmittel, die auf dem Markt sind, für das Messerschärfen wenig taugen. Beispielhaft seien die „Messerschärfer“ genannt, bei denen die Klinge durch zwei gekreuzte Hartmetallstäbe gezogen wird.

Abgesehen davon, dass man sich damit leicht die Knöchel aufschneiden kann, schaben diese Geräte zwar tatsächlich Späne vom Messer ab, machen die Schneide infolge des ungleichmäßigen Drucks aber nach und nach immer welliger. Auch kann die Schärfe nicht überzeugen. Andere Geräte rauen die Schneide nur auf und
gaukeln damit Schärfe vor.